Koblenz Postkolonial – Verortung kolonialer Vergangenheit in Koblenz und Umgebung
Deutsche Kolonien
Auf dieser Seite widmen wir uns der detaillierten Aufzählung und historischen Kontextualisierung der ehemaligen deutschen Kolonien. Es ist unser Anliegen, die komplexen Geschichten hinter den ehemaligen deutschen Kolonien aufzuzeigen, die oft in Vergessenheit geraten oder verklärt dargestellt werden.
Wir möchten dazu beitragen, ein differenziertes Verständnis für diese Epoche deutscher Geschichte zu entwickeln – von den Beweggründen und Praktiken der Kolonialzeit bis hin zu den nachhaltigen Folgen für die kolonisierten Gesellschaften selbst.
→ KIAUTSCHOU
Das sogenannte Pachtgebiet Kiautschou, umfasste das Gebiet um die heutige Stadt Qingdao (früher Tsingtau) in der Provinz Shandong. Zwischen 1898 und 1914, offiziell bis 1919, unterhielt das Deutsche Kaiserreich dort ein sogenanntes Pachtgebiet, um die Kontrolle ohne formelle Kolonialisierung zu erreichen. Zu Stande kam dies, da zu dieser Zeit Deutschland nach dem Status einer Weltmacht strebte und im Rahmen seiner imperialistischen Politik Zugang zu Märkten und Einflusszonen suchte. Die innere politische Instabilität der chinesischen Qing-Dynastie wurde von den Kolonialmächten ausgenutzt und bot somit günstige Voraussetzungen, sowie einen strategischen Zugang nach Ostasien. Das Deutsche Kaiserreich nutzte die Ermordung zweier Missionare als Vorwand, um unter militärischem Druck einen 99-jährigen Pachtvertrag mit China durchzusetzen. 1898 wurde Kiautschou unter kaiserlichen Schutz gestellt und glich damit den anderen Kolonien des Deutschen Reiches. Kiautschou galt als „Musterkolonie“, ein „Schaufenster deutscher Kultur“ mit moderner Infrastruktur, die aber vor allem deutschen Interessen diente und der chinesischen Bevölkerung kaum zugutekam. Zwischen der chinesischen Bevölkerung bestand eine räumliche und rechtliche Trennung, wobei die chinesische systematisch benachteiligt wurde. Die chinesischen Einwohner wurden diskriminiert, entrechtet und als Teil einer vermeintlichen Zivilisierungsmission kontrolliert. Koloniale Machtstrukturen wurden hinter propagierten Fortschrittsidealen versteckt. Die wirtschaftliche und militärische Bedeutung des Hafens und der Eisenbahnverbindung machte die Region für das Deutsche Reich, das dadurch seinen Einfluss im ostasiatischen Raum sichern wollte, strategisch attraktiv. Mit dem Ersten Weltkrieg endete die deutsche Herrschaft. 1914 besetzte Japan das Gebiet und 1919 wurde der Verlust im Versailler Vertrag bestätigt. Die Übergabe an Japan führte in China zu massiven Protesten und löste die „Bewegung des 4. Mai“ aus, die als Wendepunkt in der chinesischen Nationalbewegung gilt. Bis heute sind Spuren der deutschen Kolonialzeit in Qingdao sichtbar, beispielsweise in der Architektur und der berühmten Tsingtao-Brauerei. Exemplarisch steht Kiautschou für den deutschen Kolonialismus, geprägt von Ausgrenzung, Machtanspruch und kultureller Überformung, dessen Folgen und Erinnerungen bis heute nachwirken.
→ KAMERUN
Die Kolonialherrschaft in Kamerun begann 1884, als das Deutsche Kaiserreich das Gebiet als „Schutzgebiet“ aneignete. Diese deutsche Kontrolle endete mit dem Beginn des Ersten Welt-kriegs, als Großbritannien und Frankreich das Gebiet vollständig besetzten. Im Jahr 1919 wurde Kamerun durch den Versailler Vertrag aufgeteilt und unter die Mandatsverwaltung des Völker-bundes gestellt. Es entstand ein größerer östlicher Teil unter französischer Verwaltung und ein kleinerer westlicher Teil unter britischer Verwaltung. Die Unabhängigkeit erlangten diese Gebie-te 1960 (französischer Teil) und 1961 (britischer Teil), die sich 1972 zur heutigen Republik Ka-merun vereinigten. Die deutsche Kolonialzeit war von brutaler Unterdrückung, Zwangsarbeit und Landraub geprägt: Um die für den Handel nutzbare Infrastruktur zu schaffen, wurde die einheimische Bevölkerung gewaltsam und schlecht entlohnt zum Bau von Straßen, Eisenbahnen und Plantagen gezwungen. Das geraubte Land wurde nach dem Vorbild der europäischen Plan-tagenwirtschaft umgestaltet, der Diebstahl von Rohstoffen (z.B. Kakao, Erze, Kautschuk, Baumwolle und Erdöl) verstärkte die Abhängigkeit des Landes vom Exporthandel mit Staaten des Globalen Nordens. Vor der Kolonisierung gab es in Kamerun eine Vielzahl von ethnischen Gruppen mit unterschiedlichen Sprachen und Kulturen. Die Eigenbezeichnungen dieser Grup-pen waren und sind vielfältig (z.B. Bamiléké, Duala, Fulbe, Fang, Bakweri), sie wurden jedoch durch die Kolonisierung verdrängt und sind zum Teil bis heute marginalisiert. In der lokalen Bevölkerung regte sich jedoch schon von Beginn an Widerstand gegen die Kolonialherrschaft: Frühe Aufstände wurden blutig niedergeschlagen, hielten aber an und manifestierten sich später in politischen Bewegungen, die schließlich zur Unabhängigkeit führten. Bedeutende Figuren im antikolonialen Kampf waren unter anderem Ruben Um Nyobè, Anführer der Union des Popula-tions du Cameroun (UPC), der für die sofortige Unabhängigkeit und Wiedervereinigung Kame-runs kämpfte und von den französischen Kolonialbehörden ermordet wurde. Auch wenn die Kolonialherrschaft in Kamerun formell 1960/61 endete, sind ihre Folgen für Land und Bevölke-rung bis heute spürbar. Die willkürliche Trennung des Landes sowie die damit einhergehende sprachliche Trennung der französisch- und englischsprachigen Gebiete führt bis heute zu schwerwiegenden Krisen und einer kulturellen Spaltung des Landes. Auch die indigenen Sprachen wurden dadurch geschwächt. Weiterhin hat die koloniale Ausrichtung auf den Export von Rohstoffen eine Diversifizierung der Wirtschaft erschwert und das Land in eine Abhängig-keit von globalen Märkten gebracht und wirtschaftliche und politische Strukturen geschaffen, die bis heute koloniale Muster reproduzieren.
→ DEUTSCH-OSTAFRIKA
Deutsch-Ostafrika war eine der größten und bekanntesten Kolonien des deutschen Kaiserreichs im 19. Jahrhundert. Das Gebiet befand sich an der Ostküste Afrikas, besaß die doppelte Größe des Deutschen Reiches und umfasste von 1885 bis 1918 das heutige Tansania, Burundi und Ruanda. Carl Peters, Mitbegründer der „Gesellschaft für deutsche Kolonisation“, verschaffte Deutschland durch die Aushandlung sogenannter Schutzverträge, welche eine Grundlage für die Rechtfertigung des Anspruchs über eine Kolonie bieten, Zugang zur kolonialen Besitznahme Deutsch-Ostafrikas. Einige arabische Händler kooperierten mit den Deutschen, während andere wiederrum Widerstand leisteten, etwa im Araberaustand 1888. Dieser Aufstand ereignete sich an der Küste, angeführt von lokalen arabischen und afrikanischen Führern, ausgerichtet gegen die Kolonialherrschaft. Bismarck schickte daraufhin Truppen, doch die eigentliche Kontrolle wurde durch den Reichskommissar Herrmann von Wissmann mit Hilfe von askari-Söldnern (afrikanische Truppe unter europäischem Kommando) erlangt. Ziel der Kolonialisierung war die wirtschaftliche Ausbeutung, durch den Ausbau von Plantagen, welche die Mutterländer mit Rohstoffen versorgen sollten. Wichtige Exportgüter hierbei waren Kautschuk, Hanf, Baumwolle und Kaffee. Das Leben der einheimischen Bevölkerung wurde durch die Kolonisten durch Unterdrückung, Verbote, Verordnungen, Steuern und Vertreibung stark eingeschränkt, was zur Folge wachsende Spannungen hatte, die im Maji-Maji-Auftsand resultierten. Der Maji-Maji-Auftsand (1905-1907) war ein groß angelegter Widerstand gegen die deutsche Kolonialherrschaft, der brutal niedergeschlagen wurde, zehntausende Menschen starben an Gewalt, Hunger und Repression. Während des Ersten Weltkriegs führte die deutsche Schutztruppe unter Paul von Lettow-Vorbeck einen langwierigen Guerillakrieg in Ostafrika, bei dem auch zehntausende afrikanische Träger und Zivilist_innen ums Leben kamen. Die Truppe kapitulierte erst nach dem offiziellen Kriegsende im November 1918. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Gebiet Deutsch- Ostafrikas ohne Beteiligung der lokalen Bevölkerung unter den Siegmächten des Kriegs aufgeteilt. Das heutige Festland von Tansania kam als sogenanntes Völkerbundmandat unter britische Verwaltung, Ruanda und Burundi unter belgische Kontrolle. Die koloniale Herrschaft wurde damit lediglich unter neuen Mächten fortgesetzt.
→ TOGO
Das westafrikanische Land Togo stand zwischen 1884 und 1914 als „Togoland“ un-ter deutscher Kolonialherrschaft. Diese Herrschaft begann mit sogenannten „Schutzverträgen“, die unter Druck und ungleichen Machtverhältnissen mit lokalen Herrschern erzwungen wurden. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Gebiet zwischen Frankreich und Großbritannien aufge-teilt. Der französisch verwaltete Teil entwickelte sich später zum unabhängigen Staat Togo. Auch wenn die Kolonie oft als harmlose „Musterkolonie“ dargestellt wurde, war die Kolonial-zeit geprägt von Gewalt, Ausbeutung und Zwangsarbeit. Die deutsche Kolonialverwal-tung zwang die Bevölkerung zum Bau von Eisenbahnen, Straßen und Plantagen, die vor allem der wirtschaftlichen Ausbeutung dienten. Menschen wurden geschlagen, verschleppt oder er-mordet; ganze Dörfer wurden bei mehr als 60 sogenannten „Strafexpeditionen“ niedergebrannt, wenn sie sich gegen die Kolonialmacht auflehnten. Die deutschen Kolonialherren bezeichneten die Menschen meist pauschal als „Eingeborene“, ohne ihre vielfältigen kulturellen Identitäten anzuerkennen. Die indigenen Gruppen der Ewe, Kabye, Tem, Mina und andere wurden so ihrer Eigenbezeichnung beraubt. Trotz der brutalen Unterdrückung gab es anhaltenden Widerstand. Einzelne Gruppen und Anführer wehrten sich gegen Steuern, Zwangsarbeit und Gewalt. Viele Aufstände wurden blutig niedergeschlagen, doch sie trugen zur Entstehung eines kollektiven Widerstands- und Nationalbewusstseins bei, das später für die Unabhängigkeitsbewegung ent-scheidend wurde. Die Folgen der Kolonialisierung sind bis heute spürbar: Dazu gehören wirt-schaftliche Abhängigkeit, politische Instabilität, sprachliche und kulturelle Brüche sowie unge-löste Grenzfragen. Besonders die künstliche Teilung der Ewe-Bevölkerung in verschiedene Länder ist ein direktes Erbe der Kolonialzeit. Darüber hinaus bestehen viele koloniale Macht-strukturen in Verwaltung, Bildung und Wirtschaft fort.
→ SAMOA
Samoa war zwischen 1900 und 1914 eine deutsche Kolonie. In dieser Zeit unterdrückte das Deutsche Reich die politische Souveränität der samoanischen Bevölkerung massiv. Die Samoaner:innen – die sich selbst Tagata Sāmoa nennen – wurden unter anderem zur Zwangsarbeit gezwungen, ihre kulturellen Praktiken wurden eingeschränkt und ihre politischen Systemeunterdrückt. Gewalt und Strafmaßnahmen gehörten zum Repertoire kolonialer Machtausübung. Die deutsche Sichtweise auf die Einheimischen war stark von rassistischen Stereotypen geprägt – sie wurden als „Wilde“ oder „Naturvölker“ bezeichnet. Eine bedeutende Form des Widerstands war die Mau a Pule-Bewegung, die durch Proteste und Aufstände versuchte, gegen die Kolonialmacht anzukämpfen. Bis heute ist die Mau-Bewegung in Samoa lebendig: Sie wird durch mündliche Überlieferungen, Feste, Lieder, Denkmäler und den Schulunterricht erinnert. Eine systematische Aufarbeitung der Kolonialverbrechen gibt es allerdings nicht. Die deutsche Kolonialzeit wird teils sogar glorifiziert. Auch heute sind Spuren der Kolonialisierung sichtbar: 90% der Bevölkerung gehören dem Christentum an, europäische Architektur prägt viele Orte, und Englisch ist eine der Amtssprachen.
→ MARSHALLINSELN
Die Marshallinseln standen von 1885 bis 1914 unter deutscher Kolonialherrschaft. Während dieser Zeit kam es zur Ausbeutung der einheimischen Bevölkerung durch Zwangsarbeit und zum Einsatz militärischer Gewalt zur Durchsetzung deutscher Interessen. Die deutsche Verwaltung ordnete den Menschen der Region fremde Identitätskategorien zu und benutzte dabei oft abwertende Bezeichnungen wie „Insulaner“ oder „Marshallesen“. Die lokale Bevölkerung bezeichnet ihre Heimat als Aelōn Kein Ad („unsere Inseln“) oder Aue. Anders als in anderen Kolonien gab es hier nur wenige dokumentierte Rebellionen gegen die Kolonialmacht, was jedoch nicht bedeutet, dass es keinen Widerstand gab – dieser ist nur weniger erforscht. Heute erinnern Museen wie das Alele Museum, Gedenkstätten sowie der Schulunterricht an die koloniale Vergangenheit. Die Nachwirkungen der Kolonialzeit zeigen sich bis heute in politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Abhängigkeiten sowie in tiefgreifenden Veränderungen traditioneller Strukturen.
→ NEUGUINEA
Die Insel Neuguinea galt im 16. Jahrhundert zunächst als wirtschaftlich uninteressant für europäische Seefahrer. Ab 1830 jedoch, stieg das Interesse, insbesondere wegen der Möglichkeit, Arbeitskräfte für Plantagen in Australien zu rekrutieren, oft unter brutalen Bedingungen. Mit der Gründung der Neuguinea-Kompanie durch das Deutsche Kaiserreich wuchs das wirtschaftliche Interesse an der Region, und das Kaiserreich baute durch internationale Abkommen seine koloniale Kontrolle über Nordost-Neuguinea (Kaiser-Wilhelms-Land), das Bismarck-Archipel und Teile der Salomonen aus. Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der lokalen Bevölkerung übernahm das Deutsche Reich 1899 offiziell die Kolonialverwaltung und weitete seinen Einfluss in Ozeanien aus. Die Verwaltung war durch große Entfernungen erschwert, weshalb Gouverneure wie Albert Hahl viel Macht besaßen. Hahl setzte auf die Einbindung lokaler Machtstrukturen, um die koloniale Kontrolle zu sichern, doch das Konzept scheiterte trotz lokaler Verwaltungsbeamter vielfach. Die Bevölkerung leistete massiven Widerstand, woraufhin die Deutschen mit Gewalt, Strafexpeditionen und Zwangsrekrutierung reagierten. Die deutsche Kontrolle beschränkte sich meist auf die Küstenregionen, während das Landesinnere kaum erfasst wurde. Wirtschaftlich war die Kolonie für das Deutsche Reich kaum rentabel, der Plantagenanbau von Kakao, Kautschuk, Kaffee oder Tabak forderte viele Menschenleben. Neuguinea war auch Gegenstand ethnologischer und wissenschaftlicher Studien, die oft koloniale Machtinteressen bedienten und die lokale Bevölkerung in exotisierender Weise darstellten. Die Kolonialzeit endete 1914, doch geografische Namen und kulturelle Einflüsse, wie die heute fast ausgestorbene deutsche Kreolsprache "Unserdeutsch", zeugen noch immer von dieser Zeit.
→ DEUTSCH-SÜDWESTAFRIKA
Die Insel Neuguinea galt im 16. Jahrhundert zunächst als wirtschaftlich uninteressant für europäische Seefahrer. Ab 1830 jedoch, stieg das Interesse, insbesondere wegen der Möglichkeit, Arbeitskräfte für Plantagen in Australien zu rekrutieren, oft unter brutalen Bedingungen. Mit der Gründung der Neuguinea-Kompanie durch das Deutsche Kaiserreich wuchs das wirtschaftliche Interesse an der Region, und das Kaiserreich baute durch internationale Abkommen seine koloniale Kontrolle über Nordost-Neuguinea (Kaiser-Wilhelms-Land), das Bismarck-Archipel und Teile der Salomonen aus. Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der lokalen Bevölkerung übernahm das Deutsche Reich 1899 offiziell die Kolonialverwaltung und weitete seinen Einfluss in Ozeanien aus. Die Verwaltung war durch große Entfernungen erschwert, weshalb Gouverneure wie Albert Hahl viel Macht besaßen. Hahl setzte auf die Einbindung lokaler Machtstrukturen, um die koloniale Kontrolle zu sichern, doch das Konzept scheiterte trotz lokaler Verwaltungsbeamter vielfach. Die Bevölkerung leistete massiven Widerstand, woraufhin die Deutschen mit Gewalt, Strafexpeditionen und Zwangsrekrutierung reagierten. Die deutsche Kontrolle beschränkte sich meist auf die Küstenregionen, während das Landesinnere kaum erfasst wurde. Wirtschaftlich war die Kolonie für das Deutsche Reich kaum rentabel, der Plantagenanbau von Kakao, Kautschuk, Kaffee oder Tabak forderte viele Menschenleben. Neuguinea war auch Gegenstand ethnologischer und wissenschaftlicher Studien, die oft koloniale Machtinteressen bedienten und die lokale Bevölkerung in exotisierender Weise darstellten. Die Kolonialzeit endete 1914, doch geografische Namen und kulturelle Einflüsse, wie die heute fast ausgestorbene deutsche Kreolsprache "Unserdeutsch", zeugen noch immer von dieser Zeit.
→ MARIANEN, KAROLINEN & PALAU
Die Marianen- und Karolineninseln einschließlich der Palauinseln sind kulturell vielfältige Inselgruppen, die geografisch zur Region Mikronesien im westlichen Pazifik gehören. Spanien beanspruchte die Marianen (1667), Karolinen und Palau (ab 1686) im Zuge seiner kolonialen Expansion im Pazifik. Ziel der spanischen Besetzung waren Missionierung und kulturelle Anpassung der indigenen Bevölkerungen, um den Einfluss Spaniens im Pazifik auszuweiten und zu sichern. Auf den Marianeninseln führte dies zu Aufständen und gewaltsamen Konflikten mit der Chamorro-Bevölkerung (Chamorro-Kriege). Diese dauerten bis 1696 und führten zur massiven Dezimierung der indigenen Bevölkerung von etwa 100.000 auf rund 5.000 Menschen. Die Überlebenden wurden gewaltsam nach Guam, dem zentralen Stützpunkt der spanischen Besatzungsmacht, umgesiedelt. Nach Spaniens Niederlage im Krieg gegen die USA wurde Guam 1898 im Pariser Vertrag an die USA abgetreten. 1899 verkaufte Spanien die Marianen, Karolinen und Palau an Deutschland, das die Inseln aus strategischen und wirtschaftlichen Gründen seinem Kolonialgebiet Deutsch-Neuguinea angliederte. Die deutschen Besatzer führten Plantagenwirtschaft ein und zwangen die lokale Bevölkerung zur Zwangsarbeit oder billiger Lohnarbeit. Aufgrund mangelnder Infrastruktur erhielten die Karolinen und Palau innerhalb der Kolonialverwaltung eine begrenzte Selbstverwaltung. Dennoch kam es 1910 auf Ponape zu einem Aufstand gegen Zwangsarbeit und Fremdherrschaft, der 1911 von deutschen Truppen brutal niedergeschlagen wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm Japan 1919 im Auftrag des Völkerbundes die Kontrolle über die Marianen (außer Guam), Karolinen und Palau als Mandatsgebiet (Südseemandat). Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangten die Inseln unter US-Treuhandschaft und wurden 1978 Commonwealth mit eigener Regierung und ein assoziierter Staat der USA. Die Marianen, Karolinen und Palau bildeten keine kulturelle Einheit, waren jedoch durch ihre gemeinsame Geschichte unter der Herrschaft Spaniens, Deutschlands und Japans politisch verbunden. Die Kolonialzeit brachte den Inselgruppen kulturelle Entwurzelung durch allgemeine politische Fremdbestimmung wie Zwangsmissionierung und die Durchsetzung westlicher Kleidung/Bildung/Bräuche usw.; wirtschaftliche Ausbeutung und Zwangsarbeit führten zu Abhängigkeiten. Die Folgen dieser kolonialen Gewalt wirken bis heute nach und zeigen sich unter anderem in sozialer Ungleichheit, Landkonflikten und Identitätsfragen in den ehemaligen Kolonien.
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